All die negativen Trends zu Lasten unseres ländlichen Raums zu bremsen, sie möglichst umzukehren - das hat die große Politik versäumt; die Menschen in den Metropolen und ihren Speckgürteln
scheinen weiterhin das Sagen zu haben.
Und dennoch gab es im vergangenen Jahr immer wieder auch Anlässe zur Zuversicht - dank einfallsreicher Kommunalpolitiker, dank engagierter Bürgerinnen und Bürger, von denen sich viele, über 560,
unserer AG Osteland angeschlossen haben, die sich seit Anbeginn auch als Lobby für den ländlichen Raum am Rande der Landkreise Cuxhaven, Stade und Rotenburg versteht und die sich als
verbandsübergreifende, parteiübergreifende und kreisübergreifende Plattform für den Erfahrungsaustausch von Aktivbürgern von der Quelle bis zur Mündung anbietet.
Die Vielzahl der positiven Bestrebungen und Entwicklungen lässt sich hier und heute in einer guten Viertelstunde nicht annähernd umfassend darstellen; sie waren und sind Tag für
Tag Gegenstand der Berichterstattung auf unserer Website www.osteland.de und auf unseren sechs Facebook-Kanälen.
In Erinnerung gerufen seien hier nur einige der wichtigsten Punkte.
Im Kampf gegen eine weitere Elbvertiefung und damit gegen die Verschlickung der Nebenflüsse konnten die Kläger, wie Sie wissen, vor dem Bundesverwaltungsgericht einen
spektakulären, bundesweit beachteten Teilerfolg erzielen - nicht zuletzt dank der jahrelangen beharrlichen Vorarbeit von Aktiven wie unserem 2. Vorsitzenden Walter Rademacher. Und: In Politik und
Öffentlichkeit wächst endlich das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer nationalen Hafenkooperation unter Einbeziehung auch des Jade-Weser-Ports.
Durch die Arbeit auch von aktiven Osteland-Mitgliedern, ich nenne nur Andreas Rathjens, ist an der Oberen Oste, im Kreis Rotenburg, eine Diskussion entfacht worden über gefährliche
Bohrschlammrückstände, über den Umgang mit dem Lagerstättenwasser, die Häufung von Krebsfällen und über weitere Risiken der Erdölförderung insbesondere durch Fracking.
Diese Diskussion hatte Folgen: Vorletzte Woche haben zwar nicht der Landrat, aber alle 13 Bürgermeister aus dem Kreis Rotenburg einen Appell an die Politik gerichtet. Ich
zitiere: "Wir haben die große Sorge, dass unser Trinkwasser aus der eiszeitlichen ,Rotenburger Rinne‘ verseucht wird, dass es weitere Erderschütterungen geben wird und unsere Umwelt immer
stärker in Luft, Boden und Wasser gesundheitsgefährdend verunreinigt wird.“ Uns bleibt zu hoffen, dass dieser Alarm- und Hilferuf unserer Bürgermeister Gehör findet.
Die kommunale Finanznot und das daraus resultierende Nachdenken über Fusionen hat teilweise für heftige Diskussionen geführt - aber auch zu bürgerfreundlichen
Lösungen wie bei der Bildung der neuen Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten zum 1. 1. vorigen Jahres: Dort ist es gelungen, alle bürgernahen Mitgliedsgemeinden zu erhalten. Dies ist, sehr
geehrter Herr Samtgemeindebürgermeister Falcke, ein wegweisendes Modell, das wir uns auch für andere Regionen wünschen.
Große Sorgen bereitet bundesweit die Zukunft der kleinen Krankenhäuser, auch in Bremervörde. Ostefreunden wie Marco Prietz, CDU, in Bremervörde ist es zu
verdanken, dass die Bevölkerung mit einer Unterschriftenaktion mit 15.000 Unterstützern mobilisiert worden ist, Lokalpresse und -politik haben mitgezogen, die Landesregierung hat Einsicht gezeigt, so
dass das Schlimmste verhindert scheint. Sehr zu begrüßen ist die Ankündigung von Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD), "Sicherstellungszuschäge für kleine, aber
unverzichtbare Kliniken auf dem Lande einzuführen.
Hoffnung schöpfen konnten wir im vorigen Jahr auch in Sachen Nahverkehr: Seit der Gründung der AG Osteland beklagen wir die Tarif-Lücke zwischen den Tarifverbundsystemen HVV und
VBN, die - ich nenne es mal: - "Wucherzone" entlang der Oste. Jetzt, nach zehn Jahren, mehren sich die Anzeichen dafür, dass der neue niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies ernsthaft bemüht
ist, dieses strukturpolitische Ärgernis ersten Ranges anzugehen.
Der eine oder andere Konfliktstoff an der Oste ist mittlerweile entschärft worden. Von den umstrittenen Plänen einer Betreibergesellschaft für eine Maisgas-Großanlage im Trinkwasserschutzgebiet
bei Sittensen ist nicht mehr die Rede - wohl weil der Bund die Förderung solcher Projekte stark zurückgefahren hat; die von Naturschützern und Jägern lange Zeit beklagte Vermaisung
der Region stagniert derzeit auf hohem Niveau.
Und "vom Tisch" sind inzwischen auch, wie die Landesregierung versichert, die Moorvernässungsüberlegungen unseres grünen Agrarministers Christian Meyer, die nicht nur vom
Landvolk und von der Opposition, sondern hinter den Kulissen auch von der SPD kritisiert worden sind und die auch Fachleute wie der hochangesehene langjährige Rotenburger Naturschutzbeauftragte
Werner Burkart als unausgereift kritisiert haben.
Wir hoffen nun auf den von Minister Meyer versprochenen Neustart einer breit angelegten Debatte über die Zukunft der Moore, am besten wohl auf der Basis der "Gnarrenburger
Erklärung" der verdienstvollen und sachkundigen "Bürgerinitiative zum Schutz der Moore und zum Erhalt unserer Dörfer", die wir voriges Jahr mit unserem Goldenen Hecht ausgezeichnet haben.
Wir selber haben letztes Jahr unsere Bemühungen um den Natur- und Artenschutz an der Oste fortgesetzt, insbesondere um die Wiederansiedlung des hier einstmals ausgerotteten
Europäischen Störs, der 2014 "Fisch des Jahres" war: Bei unserem mittlerweile 3. Störfest hat unser "Störvater" Wolfgang Schütz vom Arbeitskreis Wanderfische im Mai in Gräpel
gemeinsam mit Estorfer Grundschulkindern eine weiteren Jungfischbesatz geleitet; inzwischen sind erste Sichtungen sogar aus Nordjütland gemeldet worden.
Und: Der Unterhaltungsverband Obere Oste, eine unserer Mitgliedsorganisationen, hat sich daran gemacht, weitere Fischwanderhindernisse in der Oste und in deren Zuflüssen im
Kreis Rotenburg zu beseitigen, wie beispielsweise bereits an der Wassermühle in Sittensen.
Während die Wiederansiedlung des Störs in der Oste auch überregional eine starke positive Resonanz findet, ist die Rückkehr des Wolfs bekanntlich heftig umstritten. Zur
Versachlichung der hitzigen Diskussion hat unter anderem ein exzellenter Vortrag beigetragen, den auf Einladung unseres Arbeitskreises Grünes Netz unser Mitglied Jürgen Cassier
gehalten hat, Forstoberrat und Leiter der Rotenburger Naturschutzbehörde.
Nicht nur für die Wanderfische in der Oste setzen wir uns ein, auch für die Wandervögel, sprich Zugvögel: Nach einer Führung in Nordkehdingen mit Gerd-Michael Heinze 2013 hat
Albertus Lemke mit der Gästeführerin Frauke Klemme und dem NABU-Experten Axel Roschen im Sommer unsere mittlerweile dritte Planwagentour in die Kranichmoore an der Oste
organisiert.
Und Albertus Lemke war es auch, der uns gemeinsam mit Thomas Schult bei einer Wanderung im Mai zu den Ostepütten die Naturschutzbemühungen der beiden Deichverbände um
Hans-Wilhelm Saul und Horst Wartner vor Augen geführt hat, deren Arbeit übrigens Gegenstand einer Podiumsdiskussion in unserer Jahreshauptversammlung am 9. März in Hechthausen sein wird.
Eines der Themen unserer letzten Hauptversammlung war, wie Sie sich erinnern, der Bericht des Darmstädter Industriearchäologen Rolf Höhmann über die Bemühungen der
Schwebefähren-Städte in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Argentinien um den Weltkulturerbe-Titel der UNESCO. Während dieses von uns bereits 2003 angeregte
Projekt voriges Jahr ins Stocken geraten ist, unter anderem wegen der Staatskrise in Argentinien und bürokratischer Hemmnisse in England, konnte in der Samtgemeinde Hemmoor die Umgestaltung
des Ostener Fährplatzes abgeschlossen und die des Basbecker Fährkopfes in Angriff genommen werden.
Zur Zeit bereitet der Fährverein unter Vorsitz unseres Freundes Karl-Heinz Brinkmann den Umzug der musealen "Fährstuv" am Fährplatz sowie den bereits 10. Ostener
Fährmarkt und eine Feier zum zehnjährigen Bestehen der von uns 2004 angeregten blühenden Gemeindepartnerschaft zwischen den Schwebefährenorten Osten und Osterrönfeld
vor.
Wir alle setzen darauf, dass an der Oste baldmöglichst die seit Jahren überfällige - und immer teurer werdende - Sanierung der Fährenfundamente endlich in Angriff genommen wird,
obwohl einige Kräfte in Cuxhaven alle zehn Jahre wieder dazu zu neigen scheinen, sich aus der Verantwortung für das kreiseigene Baudenkmal von internationaler Bedeutung stehlen zu wollen.
Die beiden deutschen Schwebefähren sind im Übrigen nicht nur wichtige Tourismusmagneten, sondern auch die Wahrzeichen der von uns getragenen und beworbenen Deutschen
Fährstraße Bremervörde - Kiel, deren zehnjähriges Bestehen im vorigen Jahr die zentrale Aktivität unseres Vereins war, vorbereitet von einem 30-köpfigen Team.
Die Bandbreite der Veranstaltungen reichte vom Auftakt mit der niedersächsischen Tourismusstaatssekretärin Daniela Behrens und mit der Gruppe "Kaktusblüte" über mehr als
ein Dutzend Wanderungen, Shantykonzerte, Ausflüge, Rallyes und Schiffstouren bis hin zu der 14-tägigen Fahrradstaffel von der Oste an die Ostsee mit insgesamt über 300 Teilnehmern
und sogar einer Bus- und Fährschiffreise Oste - Ostsee - Oslo mit Shantychor-Begleitung.
Gut besucht war auch ein "Radlergipfel" zur Nachbereitung auf dem schönen Gänse- und Ferienhof der Familie Bertholdt in Kleinwörden.
Dies alles hat hoffentlich dazu beigetragen, den Bekanntheitsgrad unserer "Fährienstraße" weiter zu erhöhen. Die Attraktivität der Route konnte im Jubiläumsjahr durch eine Vielzahl von
Bemühungen unserer Mitgliedsgemeinden und -verbände weiter gesteigert werden.
Allein hier in Kehdingen ist etliches passiert: Ein neuer Verein um den Künstler Jonas Kötz und unsere Mitglieder Jörg Petersen und Burkhard Schröder hat unmittelbar an der Deutschen
Fährstrasse in Wischhafen die Voraussetzungen geschaffen für eine weitere Fähre; sie soll möglichst bereits ab Mai Radfahrer über die Wischhafener Nebenelbe
transportieren.
Im letzten Jahr haben wir ein eindrucksvolles Hafenfest erlebt an dem mehrfach ausgezeichneten Küstenschifffahrtsmuseum in Wischhafen, außerdem die glanzvolle
Wiederauferstehung des schon zum Abriss bestimmten Freiburger Kornspeichers als soziokulturelles Zentrum ersten Ranges, dazu die durch Bürgersinn ermöglichte weitere Inwertsetzung
des alten Baljer Leuchtturms, der von der Politik ebenfalls zunächst aufgegeben worden war.
Es folgte die Eröffnung der "KüstenWelle" in Balje, des neuen Eingangsbereichs im Natureum Niederelbe mit dem Pottwalskelett und künftig auch Stör-Aquarien. Für die Erhaltung
und den Ausbau des Natureums hatten sich bekanntlich vor drei Jahren bei einer Unterschriftensammlung auch Hunderte von
Ostefreunden eingesetzt.
Die neue Fahrradstation am Natureum, demnächst ergänzt durch eine Schutzhütte an der Neuhäuser Ortseinfahrt, stellt im übrigen einen idealen Ausgangs- oder Endpunkt unseres
Oste-Radwegs Tostedt - Balje dar.
Eingeweiht wurden 2014 außerdem, weiter flussaufwärts entlang unserer Route, der erneuerte Fernsichtturm auf dem Deutschen Olymp, außerdem das neue "Haus der
Sinne" im Erlebnispark am Vörder See und schließlich, am Ende des Oste-Hamme-Kanals an der Kreuzkuhle bei Gnarrenburg, der touristisch gleichfalls hochinteressante neue
Torfschiffhafen.
Zur Förderung des Wassersports auf der Oste hat sich unser Arbeitskreis Blaues Netz um Bernd Jürgens 2013/14 - wie es scheint: erfolgreich - für eine Beibehaltung der
Brückenöffnungszeiten eingesetzt. Gemeinsam mit dem BC Elm haben wir erstmals in Osten einen Sportbootführerschein-Kursus angeboten. Unser Oste-Hafenführer,
diesmal mit einer aktuellen Beilage mit Anreisetipps von Bert und Marlene Frisch, wurde neu aufgelegt, und die schon vor acht Jahren von uns angeregte Auszeichnung aller Sportboothäfen an der Oste
mit der Gelben Welle ist abgeschlossen worden.
Außerdem konnten - abermals mit Hilfe von Hildegard Both-Walberg von der Elbfähre - neue Schiffsanleger in Kranenburg und Brobergen eingeweiht werden, ein weiterer, mit
Slipanlage, soll dieses Jahr in Bremervörde - dank der Mehrheit im dortigen Stadtrat - entstehen. Uns bleibt nur zu hoffen, dass der wunderbare Oldtimer "Mocambo" möglichst lange der
Oste erhalten bleibt.
Unsere Bemühungen, verstärkt
Wohnmobilisten für das Osteland zu begeistern, haben Resonanz gefunden. Über einen von Walter Rademacher, Michael Johnen und Gerald Bruns
entwickelten
Osteland-Flyer haben alle einschlägigen Internetportale berichtet, Angebote wie das von Barbara Norden in Bremervörde organisierte alljährliche
Wohnmobilistentreffen unter dem Maibaum oder der durch ehrenamtliche Arbeit entstandene
neue Wohnmobilplatz in Neuhaus finden zunehmend Anklang.
Wie in Neuhaus haben auch andernorts Ostefreunde ehrenamtlich kompensieren müssen, was die Kommunen nicht zu leisten bereit oder in der Lage waren. Nachdem in Oberndorf gegen
den Willen der Bevölkerung und ohne sachliche Notwendigkeit die Kiebitzschule geschlossen worden ist, haben Osteland-Mitglieder ein wunderbares Nachmittagsangebot, "Kiwitte
plus", auf die Beine gestellt, ergänzt durch eine neue Dirfbücherei.
Und nach der Schließung des ehemaligen Dorfgemeinschaftshauses haben es Ehrenamtliche um Barbara Schubert gewagt, das Lokal zu übernehmen und zu betreiben, das mittlerweile
auch ein vorzügliches Kulturprogramm anbietet, ähnlich wie beispielsweise eine Bürgerinitiative in Kuhstedtermoor, die ein leerstehendes Gasthaus vor dem Zugriff von Rechten bewahrt hat und dort
einen weit ins Osteland ausstrahlenden kulturellen Anziehungspunkt geschaffen hat.
Neben der Förderung solcher Initiativen wird die Werbung für die Osteregion und für unseren einstmals "unbekannten Fluss" weiterhin eine wichtige Aufgabe der AG Osteland sein.
Dabei helfen uns die gute Kooperation mit der Lokalpresse, unter anderem mit dem Osteland-Magazin, aber auch die jüngste Würdigung unserer Arbeit durch den
Bundespräsidenten oder unser Krimilandprojekt, dessen "Krimigipfel" im Juli auf der Mocambo viel Widerhall fand, sowie der 2014 preisgekrönte neue
Oste-Film von Claus List, der noch eine Fortsetzung finden soll, und schließlich die von uns mit Wolf-Dietmar Stock herausgegebenen fünf Bücher und unser erstmals
erschienener prächtiger Osteland-Benefizkalender, gefördert von bekannten Fotografen vom gesamten Fluss, der nicht nur das Ostebewusstsein stärkt, sondern unserem Verein auch einen
Spendenerlös von immerhin 800 Euro erbracht hat.
Zurzeit setzen wir viel Hoffnung in den wieder anlaufenden Leader-Prozess. Am Rennen um die Europazuschüsse beteiligen sich in den fünf Leader-Regionen im
Einzugsgebiet des Flusses mit ihren Projektideen auch etliche Ostelandmitglieder - wir drücken ihnen allen die Daumen.
Mein Fazit: Sicherlich gab es viel Negatives 2014, aber auch viel Positives. Was bleibt unterm Strich, wie läuft's per saldo an der Oste? Haben wir 2014 zwei Schritte nach vorn gemacht und
einen zurück? Oder einen Schritt nach vorn und zwei zurück? Das wird die Zukunft zeigen - wir alle können darauf Einfluss nehmen, jeder einzelne von uns aus unseren wunderbaren, großen
Osteland-Familie.